Eigentlich sollte dieses ein etwas anderer Bericht werden: dieses Mal sollte es nicht um unsere Aktivitäten in den letzten 48 Stunden gehen, nein, es sollten viel mehr einmal unsere Gedanken zum Sommer und derzeitigen Wetter niedergeschrieben werden, wie es vermutlich in unzähligen Zeitungen schon den ganzen Sommer über geschehen ist. Und wieder einmal kommt es anders, als wir denken.
Am Dienstag brechen wir gegen frühen Nachmittag aus Stockholm auf. Wir fühlen uns nach wie vor k.o. und entschließen uns in aller Ruhe Fritsjen fertig zu machen und dann im nahegelegenen Bla Porten noch einen Kaffee zu trinken und ein kleines Stück Kuchen zu verdrücken. Wir haben uns für den Tag auch nicht viel vorgenommen: nach fünf Seemeilen kommt der erste Hafen, wenn wir dann noch Lust haben, sind es noch mal fünf Seemeilen weiter und dann kommt die dritte Anlegemöglichkeit in weiteren fünf Seemeilen. Es ist absolute Flaute und an Segeln ist nicht zu denken. Wir beißen in den sauren Apfel und motoren. Wir wählen die dritte Anlegemöglichkeit: ein Naturhafen auf der Insel Härsö. Der Weg dorthin ist wunderschön. Das Fahrwasser ist teilweise sehr eng und wir passieren wunderschöne kleine und große Häuser, viele Anleger und unzählige kleine Inselchen. In Härsö finden wir zwei Anlegestellen vor: mit Heckanker und Haken in den Schären sind wir schnell fest. Hier hat ein Yachtclub seine Anlegestelle und es gibt wie so oft Toiletten, eine Bastu, Sitzgelegenheiten und Grillmöglichkeiten. Doch wir müssen feststellen, alles ist anders als bisher. Im Norden waren die Clubanlagen alle samt liebevoll gestaltet: Die Bastu stand allen offen, das Holz dazu lag bereit oder konnte selbst gesägt und gehackt werden - Werkzeuge dazu lagen ebenfalls bereit. Es gab keine Hinweisschilder, dass man seinen Müll mitnehmen soll oder die Sauna ordentlich hinterlassen soll. Das war für alle selbstverständlich - und so sahen die Anlagen auch immer aus. Ordentlich und sauber. Auch war die Hafengeld-Abgabe stets freiwillig oder so minimal, dass man freiwillig das doppelte zahlte. Hier ist nun alles anders: die Hafengebühr ist recht ordentlich, dafür, dass wir bis auf die Toilette nichts nutzen. Die Bastu ist verriegelt und verschlossen, überall weisen Schilder daraufhin, wie wir uns zu verhalten haben. Und selbst die Toiletten - wir reden hier natürlich immer von Trocken-WCs oder anders gesagt Plumpsklos - waren im Norden einfach mit viel Liebe und Mühe gestaltet. Selbst ein Plumpsklo hatte einen kleinen Teppich auf dem Boden, Bilder an der Wand, Lektüre für ein längeres Geschäft, Toilettenpapier und draußen eine Schüssel mit Wasser und Seife und ein Handtuch. Aber auch diese Zeiten scheinen nun vorbei zu sein. Wir registrieren diese Unterschiede, aufregen tun wir uns nicht, wir sind eh viel zu müde. Nachdem wir unser Abendessen (Hühnchen mit Reis und Paprika) vertilgt haben, landen wir auch schon in der Koje - es ist gerade einmal 20 Uhr. Den Wetterbericht schenken wir uns, denn wieder einmal haben wir keinen Empfang. Es ist ein Drama. Hatten uns doch viele vor dem schlechten Empfang im Norden des Bottnischen Meerbusen gewarnt. Das können wir in keiner Weise bestätigen. Wir hatten in Finnland nahezu überall wunderbaren Empfang und durch unseren Internetstick damit stets eine hervorragende Internetverbindung. Seit wir in Schweden sind, hat sich dies grundlegend geändert. Wir haben nun einen schwedischen Internetstick, aber egal wo wir sind, der Empfang ist schlecht und das selbst in Stockholm. Damit ist die Internetverbindung schlecht oder an vielen Orten gar nicht vorhanden
Am Mittwoch wachen wir auf und es sieht recht trübe aus. Graue Wolken, teilweise auch tiefdunkle Wolken. Wir schauen uns den Wetterbericht an (über Jans Handy mit deutscher SIM-Karte - das funktioniert wenigstens) und wenn wir nun erzählen, wie der aussah, dann wir auch klar, warum wir an sich unsere Gedanken über das Wetter aufschreiben wollten: Donnerstag SSW 20-27 Knoten, Freitag Starkregen SW 20 Knoten, Samstag Regen W 18 Knoten, usw. Da kann man sich doch wirklich fragen, ob der Herbst schon im August beginnt? Es ist verflucht: Im April freuten wir uns auf einen sonnigen Mai, im Mai hofften wir auf einen warmen Juni, im Juni hofften wir auf einen sommerlichen Juli, im Juli hofften wir immer noch auf den Sommer, im August hoffen wir auf einen milden September und im September hoffen wir auf den goldenen Herbst.
Mit einer Fanta Exotik versuchen wir ein bisschen Sommer an Bord zu holen. Wir wollen nach Utö. Der Wind ist zunächst sehr leicht und kommt natürlich von vorne. Gegen Mittag klart es aber wider Erwarten auf und es wird ein wunderschöner Sonnentag - wenn gleich man deutlich merkt, dass die Sonne an Kraft verliert. Aber egal, es ist schön und wir haben Wind. Deswegen ändern wir auch unsere Pläne und streichen Utö und fahren stattdessen nach Nynäshamn. Und, die Gedanken über das Wetter streichen wir nun auch erst einmal wieder - dazu kommen wir mit Sicherheit später noch mal, denn ob es morgen weitergeht, das wissen nur Neptun und Rasmus: Wind von vorne mit mehr als 20 Knoten. Schauen wir mal. Wir schlendern durch Nynäshamn, gönnen uns mal wieder einen Burger und verkrümeln uns frühzeitig wieder in unsere Koje, denn auch hier wird deutlich - es ist bereits keine Saison mehr. Viele Restaurants sind geschlossen, der Gasthafen ist mit gerade mal sechs Schiffen absolut leer und die Ladenzeile am Hafen hat ebenfalls komplett zu. Da verpassen wir auch nichts wenn wir lesender Weise in der Koje liegen.
