In Liepaja sind wir nur eine Nacht geblieben. Gerne hätten wir uns hier noch die eine oder andere Sehenswürdigkeit angesehen, aber wir wollen weiter. Für das Wochenende ist viel Wind angesagt - zu viel Wind um zu segeln. Und wir wollen vorher noch ein gutes Stück weiter kommen. Deswegen verzichten wir auf die Besichtigung diverser Kirchen und des ehemaligen Marinegefängnisses von Karosta. Durch unseren abendlichen Rundgang konnten wir einen ersten Eindruck von Liepaja gewinnen. Es erinnerte an Kaliningrad, nur viel kleiner. Aber auch hier finden wir viele Überreste aus der sowjetischen Zeit, gleichzeitig gibt es auch viele Neubauten oder restaurierte Gebäude. Man merkt, die Stadt ist im Aufbruch - wo sie genau hin will, das weiß sie vermutlich selbst noch nicht so genau.
Wir machen uns mittags auf den Weg nach Pavilosta. Ein kleiner Hafen auf dem Weg nach Ventspils. Der Hafen ist wirklich klein. Laut Hafenhandbuch, dem Törnführer von Jörn Heinrich und einigen mündlichen Informationen soll es dort zwei Anlegemöglichkeiten für Yachten geben. Am südlichen Ufer des Flusses soll es eine neue "Marina" geben, am nördlichen Ufer befindet sich der kommunale Anleger. Als wir in Pavilosta einlaufen, stellen wir fest, dass in der neuen "Marina" der Hund begraben ist und der kommunale Steg hat noch keine Verbindung zum Land. Uns gefällt die nördliche Uferseite besser, hier scheint auch der kleine Ort gelegen zu sein. Wir legen an einer nagelneuen Pier an, die aber mit Sicherheit für größere Schiffe als Fritsjen gedacht ist. Ein netter Grenzbeamter begrüßt uns, stellt die üblichen Fragen (woher? wohin?) und klärt ab, ob wir an der Pier liegen bleiben dürfen. Er verweist uns zunächst an den kommunalen Anleger, aber als wir ihm deutlich machen, dass ein Zugang fehlt, winkt er nur lächelnd ab und sagt: "I didn't recommend this...". Ok, wir haben unser Plätzchen und verdammt viel Ruhe. In dem Ort gibt es nicht viel, außer Natur und Ruhe, einen Supermarkt, einen Bankautomaten und ein geschlossenes Restaurant. Im Hafen entdecken wir noch eine Yacht aus Hamburg, aber leider ist niemand an Bord. Wir machen uns nach einem kleinen Dorfrundgang mal wieder leckere Spaghetti Bolognese und verziehen uns früh ins Bett, denn morgen soll es direkt weitergehen nach Ventspils.

Eine wichtige Information gibt uns der nette Grenzbeamte noch mit auf den Weg. Es scheint in Lettland ein neues Gesetz zu geben, nach dem sich Segelyachten beim Auslaufen aus einem Hafen stets beim Hafenmeister oder Portcontroll abmelden sollen.

Für heute sind mal wieder Winde von achtern angesagt, aber heute soll es windiger werden - Böen bis 18 Knoten sind zu erwarten. Wir laufen um 8 Uhr in der früh aus und uns erwartet draußen ein leichtes Lüftchen. Irgendwann sind wir dann auch so wach, dass wir den Spi auspacken. Dieser bringt uns zügig nach Ventspils bis wenige Meilen vor Ventspils der Wind mal wieder einschläft. Wo bleiben die angekündigten Böen? Unterwegs hatten wir ganz besonderen Besuch. Wir dachten zunächst an eine Hummel, dann an einen Schmetterling. Doch als der unbekannte Besucher seinen Platz kurzzeitig am Groß einnahm, sahen wir, dass es eine Fledermaus war. Ob die sich verflogen hatte? Was macht eine Fledermaus am helligten Tage durchaus einige Meilen entfernt vom Land? Am Nachmittag erreichen wir dann Ventspils. Der Hafenmeister kommt kurz nach dem Anlegen vorbei, entschuldigt sich, dass die Marina noch nicht fertig sei. Heckbojen fehlen, Duschen sind noch nicht in Betrieb, aber Toiletten und Strom gibt es - immerhin. Wir liegen längsseits an einer Holzpier und haben zumindest beim Anlegen Glück. Die Abgase aus einer Fischverarbeitungsfabrik ziehen von uns weg. Hoffentlich bleibt das auch so, ansonsten kann es geruchsmäßig unschön werden. Am Abend erkunden wir auf die Schnelle die Stadt, denn morgen wollen wir weiter. Wir sind erstaunt, wie aufgeräumt und ordentlich die Stadt wirkt. Viele Gebäude sind restauriert oder modernisiert, alles wirkt sehr gepflegt, viele Schilder weisen zu den touristischen Attraktionen hin, und das sogar auf Englisch. Nur das passende Restaurant ist noch nicht gefunden. Aber was nicht ist, kann ja noch werden...