Was waren das für bange Stunden, die wir in Kotka verlebt haben. Immer wieder hofften wir auf die Mechaniker. Nachdem der erste Versuch misslungen war - weil es weder das Powerpack noch die Zündspule waren, die für den Schaden verantwortlich waren, musste es einen zweiten Versuch geben. Die Mechaniker meinten zunächst, die Reparatur könnte nicht ausgeführt werden, wenn das Schiff im Wasser liegt, wir müssten in eine Werft. Daraufhin versuchte der Mechaniker für uns eine Werft zu finden, aber keine Chance. In Finnland sind vor Mitsommernacht alle mehr als beschäftigt, denn danach gehen die meisten Finnen in den Sommerurlaub. Als Jan die zwei Mechaniker mehr oder weniger flehend fragte, was sollen wir denn dann machen, zeigten sie Mitgefühl und meinten: ok, wir versuchen es. Puuuuh. Die Vermutung war nun, dass es die Ladespule ist und die sitzt dummer Weise unter dem Schwungrad. D.h. das musste ab und das hätte das Problem werden können, denn wir haben nicht viel Platz im Motorraum. Aber zunächst einmal zogen die Mechaniker ab, denn die Ladespule musste bestellt werden und ebenso der Abzieher für das Schwungrad. Wir versuchten das beste aus der Situation zu machen und einfach zu hoffen, dass es alles klappen würde. Gegen 12 Uhr am nächsten Tag tauchten sie wieder auf, mit Abzieher und neuen Ladespulen. Allerdings tauchte das erste weitere Problem schon sehr schnell auf, die Schraube des Schwungrades war einfach zu fest. Der Mechaniker orderte aus der Werkstatt weiteres Werkzeug und Silja fragte im Hafen bei jedem Schiff nach einem großen Hammer. Uwe hatte schließlich das passende Werkzeug - naja, es wurde einfach umfunktioniert. Jan und der Mechaniker starteten zum x-ten Mal einen Versuch die Schraube zu lösen und dann, endlich war die Schraube überlistet. Jetzt nur noch den Abzieher anbringen. Wir waren mittlerweile auch bereit, Teile des Schiffes zu zersägen, aber das war gar nicht nötig, denn der Abzieher passte auch so - perfekt. Und dann kamen sie zum Vorschein, die Ladespulen. Es war schnell klar, wer hier der Übeltäter war. Eine Spule war deutlich dunkler und wirkte leicht verkohlt! Geschwind war der Motor wieder zusammengeschraubt und der erste Startversuch war erfolgreich! Juhu! Was für eine Erleichterung! Er läuft wieder!

Zur Feier des Tages köpfen wir die Flasche Champagner, die wir noch an Bord hatten und genießen sie beim Grillen mit Uwe und Conny. Jan nimmt dann so gleich auch noch das erste Bad des Jahres in der Ostsee. Recht kühles Unterfangen! Am nächsten Tag wollen wir dann auch weiter. Die Windvorhersage ist nicht perfekt, aber wir wollen nicht länger in Kotka bleiben. Deswegen nehmen wir auch in Kauf, dass wir die meisten Strecken nicht segeln können, da der Wind von vorne kommt und die Fahrwasser zu eng sind. Wir fahren bis zur Ankerbucht Byön - ein Tipp von einem einheimischen Segler in Kotka. Die Bucht ist ein Traum, es liegen sogar Heckbojen bereit und so liegen wir mit einigen Finnen gemütlich in der absolut ruhigen Bucht. Obwohl wir wieder auf dem Wasser sind und endlich weiter können, sind wir vollkommen geplättet und k.o. Vielleicht war es auch einfach ein bisschen viel. Eine fiese Erkältung, dann die 70sm ohne Motor von Russland nach Finnland, dann das Bangen um den Motor. Wir wissen es nicht. Da wir so k.o. sind, legen wir am nächsten Tag nur eine kurze Strecke zurück - wir fahren nach Porvoo, die zweitälteste Stadt Finnlands. Schon die Einfahrt ist toll, rechts und links säumen Schilfgürtel das Fahrwasser. In Porvoo ist es wiederrum recht leer, die meisten Segler und Motorbootbesitzer sind unterwegs. Mitsommernacht steht bevor und da fahren scheinbar alle Finnen, die einen schwimmenden Untersatz haben, nach draußen in die Natur. Schade, wir hätten sicher gerne mitgemacht, doch uns ist nur nach ausruhen. Deswegen freuen wir uns schon um 15 Uhr im Hafen zu sein und lassen es ruhig angehen: kleines Schläfchen, lesen, grillen und dann Fußball schauen. In der Zwischenzeit sind auch Uwe und Conny eingetroffen, so dass wir gemeinsam mit Uwe das Spiel Deutschland gegen Griechenland bei uns an Bord schauen.

Samstag machen wir noch einen kurzen Stadtrundgang. Porvoo ist ausgesprochen nett, wenn man bis zum Altstadtkern vordringt. Die Neustadt ist dagegen weniger attraktiv. Aber die alten Holzhäuser, die Domkirche und die schmalen Gassen, die sind schon eine Reise wert. Nicht umsonst ist Porvoo die beliebteste Stadt unter den finnischen Städtereisen. Das bestätigen uns auch die Unmengen an Touristen, die uns in der Altstadt begegnen. Gegen Mittag brechen wir dann auf nach Helsinki - wir wollen noch ein Stück weiterkommen. Der Weg nach Helsinki verläuft innerhalb der Schären und so können wir den bis zu 30 Knoten starken Ostwind gut nutzen, denn in den Schären kommen die 30 Knoten Wind zum Glück nicht an. Leider setzt am Nachmittag wie vom Wetterbericht angekündigt der Regen ein, so dass wir eine wunderschöne Dusche bis in die Abendstunden hinein bekommen. In Helsinki warten dann schon Uwe und Conny auf uns, sie haben netter Weise ein Platz für uns im Hafen organisiert, so dass wir schnell in eine Box laufen können, die Cockpitpersenning spannen und dann unter Deck verschwinden. Es gibt lecker Salat und Würstchen und dann - wie sollte es anders sein - ein bisschen Fußball.

Wie es genau weitergeht, das wissen wir noch nicht - auf jeden Fall Richtung Westen. Allerdings sorgt ein Blick in den Wetterbericht nicht gerade für gute Laune: hier zieht ein Tiefdruckgebiet nach dem anderen durch und es gibt kaum ein Tag, an dem man von angenehmen Segelbedingungen reden kann. Aber, der Sommer fängt ja erst an, das kann ja noch kommen. Hoffen wir mal. Wir scheinen ja nicht die einzigen mit suboptimalen Wetterbedingungen zu sein...